Schülerakademie: Begabtenförderung – Bericht von Aileen Schäfer

Im Sommer besuchte ich für zwei Wochen eine Deutsche Schülerakademie zur Begabtenförderung. Als mein Deutschlehrer auf mich zukam, mit der Frage, ob ich mir vorstellen könnte, an einer Sommerakademie teilzunehmen, war ich zunächst skeptisch. Da die Klausurenphase an meinen Nerven zerrte, hatte ich eigentlich geplant die Sommerferien zur Erholung zu nutzen. Ich habe mich dann trotzdem dazu entschieden und es sollte sich später als eine der besten Entscheidungen meines bisherigen Lebens herausstellen.

Nachdem der Anmeldungsprozess und das nervenzerreibende Warten auf eine Rückmeldung endlich vorbei war und ich meinen Eltern erleichtert und mit Freude mitteilen konnte, dass ich einen Platz in der Klosterschule Roßleben im Kurs 5.3: „feministische Wissenschaftsphilosophie“ ergattert habe, war es sehr bald schon an der Zeit, erste Vorbereitungen zu treffen. Auch wenn ich bereits in zahlreichen Berichten gelesen hatte, dass es zwar schön, aber auch anstrengend sei, war ich trotzdem erschlagen von den 60 Seiten an philosophischen Texten, die es zu lesen und vor allem zu verstehen galt, was ehrlicher Weise nicht immer einfach war.

Der Beginn der Akademie rückte immer näher und mit jedem Tag wuchs auch meine Nervosität. Ich würde dort ganz alleine, ohne Eltern und ohne bekannte Gesichter sein. Auch wenn sich mein Kurs schon vorab zu einer Videokonferenz getroffen hatte und von Anfang an eine rege Kommunikation zwischen den einzelnen Teilnehmern herrschte, beruhigte mich das nur wenig. Ich befürchtete, nicht gut genug zu sein, nicht schlau genug zu sein, nicht alles zu verstehen. Auch die Angst, dass es Schule 2.0 sein könnte, war immer präsent. Mit dem Gedanken „Es kommt, wie es kommen muss“ beruhigte ich mich etwas und machte mich auf den Weg, noch nichtsahnend, was mich erwarten würde.

Als ich in der Klosterschule ankam, raubte mir der majestätische Anblick der Klosterschule samt umliegender Anlage den Atem. Als großer Fan von alten Gebäuden und Harry Potter war das für mich das erste Highlight. Nun nahte der Abschied von meiner Mutter und meinem Freund und  plötzlich wirbelten alle Gefühle durcheinander. Mir wurde mein Zimmer gezeigt und ich war erstaunt, wie jung und freundlich alle waren. Mit meiner Zimmergenossin begann ich nun einen ersten Rundgang. Kaum zehn Minuten später waren wir eine Gruppe von 15 Jugendlichen, die gemeinsam die von der Akademieleitung organisierte Rally absolvierten. Bereits da war mir klar, dass meine Befürchtungen unberechtigt waren.

Die nächste Hürde war die erste Kurseinheit am Folgetag. Grundsätzlich hatten wir 2 Kurseinheiten pro Tag, die sich auf ungefähr 5 Stunden summieren, die aber schnell verflogen. Unsere Kursleiterinnen Hannah und Clarissa waren selbst einmal als Teilnehmerinnen bei einer DAS, so wie jedes Mitglied der Kursleitung. Die beiden haben uns herzlich begrüßt. Als erstes gab es eine Vorstellungsrunde, an die ich mich noch sehr rege erinnere. Anders als in der Schule, haben wir über Erwartungen und Ängste gesprochen, und zwar völlig offen. Obwohl wir uns kaum kannten, konnte jeder ungezwungen und ehrlich reden und musste keine Angst haben, verurteilt zu werden. Bereits von Anfang an wurde uns gesagt, dass es nicht schlimm ist, wenn wir Fehler machen oder nicht alles verstehen, was mir und auch vielen anderen unheimlich viel Druck genommen hat.

Die Kursarbeit war total interessant und auch wenn ich jetzt weiß, dass ich keine Wissenschaftsphilosophie studieren werde, fand ich den Kurs äußerst lehrreich. Wie bei philosophischen Themen üblich, hatten wir am Ende mehr Fragen als Antworten, aber trotzdem sind wir dadurch schlauer geworden. Wir haben kritisch hinterfragt, recherchiert und diskutiert, und das auf Augenhöhe. Ich hatte zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl, dass ich von ALLEN meinen Mitmenschen etwas lernen kann, jeder hatte eine reflektierte Meinung und wenn man sie nicht hatte, konnte man das einfach sagen und wurde aufgeklärt und informiert, ohne dabei bloßgestellt zu werden. Nicht nur mein Kurs, sondern auch der Satire-, Physik- und Mathekurs beherbergte fantastische Menschen, von denen ich einige so tief in mein Herz geschlossen habe, dass ich sie nicht mehr loslassen möchte.

Auch zwischen den Kursen war immer etwas zu bereden, sei es die Relativitätstheorie oder der Einstieg in die Topologie. Es war eine Lernatmosphäre ohne Leistungsdruck, ohne Vorurteile, ohne Angst. Nicht nur über etwaige interessante Themen konnte man viel lernen, sondern auch über sich selbst. In stundenlangen Gesprächen konnte man über die sensibelsten Themen sprechen, sagen was man denkt und fühlt, und wenn man nicht reden wollte, hat das jeder akzeptiert. Ich habe in diesen zwei Wochen mehr über mich gelernt als in den letzten 12 Monaten. Was unter diesen Aktivitäten litt, war das Schlafpensum. Den Schlaf konnte man in der Mittagspause nachholen, es sei denn man war im Chor, oder hatte irgendetwas anderes geplant.

Diese schlafraubenden Aktivitäten hießen kursübergreifende Aktivitäten (küAs). Von den Teilnehmern selbst organisiert, wurde alles Mögliche angeboten. Ich habe eine Kampfsport-küA gegeben. Weitere Aktivitäten waren u.a. Schach, Werwolf-Spielen, Stratego, Yoga, Griechisch. Im morgendlichen Plenum konnte man diese anbringen, oder auch ganz spontan am schwarzen Brett. Das Plenum war auch eines der täglichen Highlights: Mit einem sehr musikalischen Programm mit Ohrwurmpotenzial starteten wir nach dem Frühstück in den Tag, einige waren dabei aktiver und andere aufgrund des Schlafmangels eher weniger. Wie bereits erwähnt, gab es auch mehrere Chöre, Kammermusik, eine Band und Vieles mehr, in denen die Teilnehmerinnen und -teilnehmer musizieren konnten.

Am Abschlusskonzert wurden dann alle Stücke vorgetragen. Die hervorragende Akustik der Kirche hat den Abschied zusätzliche emotional gemacht. Es sind einige Tränen geflossen. Und dies war das Ende der Akademie.

Diese Worte jetzt schriftlich niederzulegen, versetzt mir zugegebenermaßen einen Stich ins Herz, weil diese Erfahrung einmalig und unglaublich war. Ich kann das Erlebte und das Gefühlte kaum in Worte fassen, weil man es erlebt haben muss, um es zu verstehen. Ich wünsche jedem Einzelnen, dass er oder sie einmal solch eine Erfahrung machen darf.

  • von Aileen Schäfer

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